Schritt #3 – finanzielle Bildung
In einem dritten Schritt eignest Du Dir die nötige finanzielle Bildung an, um den Einstieg in Deinen selbständigen Vermögensaufbau vorzubereiten. Dabei ist es ratsam, Deine Vermögensziele mit Hilfe des passiven Investierens langfristig im Auge zu behalten.
Zu Deinem Nutzen gibt es seit einigen Jahren sowohl kostengünstige als auch renditestarke Finanzinstrumente am Markt, mit denen Du Dein Ziel erreichen kannst. Gemeint sind die so genannten Exchange Traded Funds (ETF). Auf dieses Anlagevehikel sollte sich Dein Wertpapierportfolio im Wesentlichen stützen. Mit ETFs lassen sich nicht nur Unternehmensbeteiligungen abbilden, sondern auch andere Anlageklassen wie Rentenpapiere (Staats- und Unternehmensanleihen), Rohstoffe und Edelmetalle oder Immobilien.
Breit gestreutes Investment-Portfolio
In ein abgerundetes und breit gestreutes Investment-Portfolio gehören diese Anlageklassen in unterschiedlicher Gewichtung. Viele Anleger favorisieren dabei eine Investition in Immobilien und Edelmetalle in physischer Form, also als „Betongold“ und Münzen oder Barren. Gängig sind inzwischen aber durchaus Real Estate Investment Trusts (REITs), die in ETFs gebündelt werden. Einige Anlageklassen korrelieren stark, zum Beispiel Aktien und REITs, andere weniger stark, etwa Aktien und Anleihen von Staatsschuldnern guter Bonität.
In welcher Gewichtung die jeweilige Anlageklasse in einem individuellen Portfolio enthalten sein sollte, entscheidet die persönliche Risiko-Neigung, der Umfang des Gesamtinvestments und die Korrelation. Wer stark risikoavers ist, sollte Staatsanleihen von „guten Schuldnern“, z.B. Deutschland oder USA, übergewichten. Leider dürften sich die Renditen in diesem Depot nur mäßig bis schlecht entwickeln. Wer hingegen stärker renditefixiert ist, kann sich mehr auf Aktien, REITs oder Staatsanleihen von Schwellenländern in Hartwährung (Dollar oder Euro) konzentrieren.
Aktienmarkt als Renditechance
Geht es Dir um eine langfristige Kapitalanlage zum Zweck eines Vermögensaufbaus mit dem Ziel, in späteren Jahren die finanzielle Freiheit zu erreichen, solltest Du vor allem die renditestärkeren Anlageklassen ins Visier nehmen. Wir fokussieren uns daher im Folgenden auf Aktien.
Partielle Rückschläge durch Kurseinbrüche werden bei Aktien durch die Langfristigkeit der Anlage aufgefangen. So verhielt es sich auch bei dem großen Crash 2008. Im Zuge der damaligen Finanzkrise krachte der Deutsche Aktienindex (DAX) um 40 Prozent ein. Bereits im Folgejahr konnte er mit einem satten Plus von 24 Prozent wieder Boden gutmachen. 2010 verzeichnete er dann ein Wachstum von 15 Prozent. Über die letzten 25 Jahre betrachtet, wuchs der DAX durchschnittlich um 8 Prozent (worin allerdings Dividenden enthalten sind).
Jeder weiß im Grunde, was Aktien sind. Es handelt sich um verbriefte handelbare Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Besitzer von Aktien sind Eigentümer an dem betreffenden Unternehmen, können auf den Hauptversammlungen mitentscheiden und kassieren, sofern die Gesellschaft derartige Ausschüttungen vornimmt, Dividenden, die sich aus dem Gewinn des Unternehmens speisen sollten (wenn sie eher aus der Substanz erfolgen, sollte man seine Beteiligung eventuell überdenken). Aktien sind im gegenwärtigen Zinsumfeld häufig der Renditeturbo in einem Wertpapier-Portfolio. Sie sind höheren Kursschwankungen unterworfen als andere Anlageformen, besitzen aber hohe Chancen auf erhebliche Kursgewinne.
Wenn nur wenige Einzeltitel gehalten werden, besitzen Aktien aber auch Nachteile. Nur auf wenige Unternehmen zu setzen, kommt einem Glücksspiel gleich. Das kann man an ehedem grundsoliden Firmen wie der Deutschen Bank, Bayer oder dem US-Unternehmen General Electric sehen. Deren Kurse sind aus unterschiedlichen Gründen in den letzten Jahren stark eingebrochen. Aktionäre dieser Unternehmen mussten heftige Buchverluste hinnehmen. Daran erkennt man: Einzeltitel bergen eminente Risiken. Man spricht auch von einem Klumpenrisiko, wenn sich große Vermögensteile auf wenige Investments konzentrieren.
Fonds als Risikodiversifizierer
Um Kapitalanlegern eine breitere Streuung ihres Aktienbesitzes und damit auch eine Risikodiversifikation zu ermöglichen, bieten zahlreiche Kapitalanlagegesellschaften und Banken Fonds an. Die Fondsidee ist älter als die moderne Portfolio-Theorie, für die der US-Ökonom Harry Markowitz 1990 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften gewann. Gleichwohl unterfütterte Markowitz die Fondsidee mit der Überlegung, dass sich die Entscheidung für eine breite Risikostreuung empirisch begründen lässt.
Fonds investieren in einen unterschiedlich großen Korb von Beteiligungen und werden durch Manager aktiv verwaltet. Deren Erfahrung, Expertise und „Spürsinn“ soll den Fonds-Investoren eine Überrendite im Vergleich zur allgemeinen Marktentwicklung einfahren. Dazu kaufen und verkaufen die Manager Beteiligungen, schichten um und gewichtigen die Firmen neu, konzentrieren sich auf tatsächlich oder vermeintliche „Höhenflieger-Aktien“, werfen „Underperformer“ hinaus und so weiter. Leider gelingt die Outperformance, also das Erzielen einer Überrendite, nur in Ausnahmefällen und niemals auf lange Sicht. Die aktiv gemanagten Fonds mussten sich, über mehrere Jahre betrachtet, stets ihren Benchmarks geschlagen geben.
Bei den Benchmarks handelt es sich um Indices, die als Vergleich für die Leistung eines aktiv verwalteten Fonds dienen. Wenn ein aktiv gemanagter Aktienfonds in deutsche Standardwerte investiert, wäre der Deutsche Aktien-Index (DAX) bzw. dessen Kursentwicklung der zutreffende Prüfstein. Bei einem in große US-Werte investierenden Fonds ist die Wertentwicklung des Index Standard & Poor’s 500 (S&P 500) als Vergleichsmaßstab anzulegen. In beiden Indices sind die Unternehmen mit der größten Marktkapitalisierung im Bereich der frei handelbaren Aktien enthalten:
im DAX die 30 größten Gesellschaften mit Sitzland Deutschland, im S&P 500 die 500 schwergewichtigsten US-Unternehmen.
Jeder Anleger könnte die nur durchschnittliche Performance eines aktiv verwalteten Fonds
verschmerzen, müsste er nicht eine beträchtliche Renditeschmälerung durch die hohen Kosten des Fonds hinnehmen. Nicht selten verlangen Banken oder Kapitalanlagegesellschaften 5 Prozent Ausgabeaufschlag, eine Art Vertriebsprovision. Hinzu treten hohe jährliche Betriebskosten für das Management von häufig über 1 bis zu 2 Prozent. Diese fallen in der Regel auch noch unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Managements an. ETFs hingegen kommen ohne Ausgabeaufschlag aus und
überzeugen mit geringen laufenden Kosten. Bei Standard-Indices beträgt die Gesamtkostenquote (Total Expense Ratio/TER) häufig weniger als 0,2 Prozent im Jahr.
Was ein ETF ist und wozu er entwickelt wurde
Was ist nun genau ein Exchange Traded Fund (ETF)? Zur Beantwortung der Frage werfen wir den Spot auf schon ältere Vorgänge in den USA und besonders den US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler John C. Bogle, der die Vanguard-Gruppe gründete und als einer der Pioniere der Indexfonds gilt. In den 1960er Jahren verfestigte sich in den USA die Erkenntnis, dass aktiv gemanagte Fonds selten bis gar nicht ihre Benchmarks übertreffen. Diese Einsicht führte zu einer skeptischen Sicht auf professionelle Fondsmanager und deren aktive Investmentstrategien.
Vor diesem Hintergrund erblickte 1971 der erste Indexfonds, der „Samsonite Pension Fund“, das Licht der Welt. Er reflektierte die Wertentwicklung von 1.500 Aktientiteln, die damals an der New York Stock Exchange notierten. Auf die gleiche Idee verfiel John C. Bogle, der eine eigene Investmentgesellschaft aus der Taufe hob, die ausschließlich Indexfonds anbot. Damit brach er mit gängigen Verhaltensweisen und Betrachtungen und konzentrierte sich voll auf die reine Marktrendite. Die Fonds konnten auf ein kostspieliges aktives Management verzichten und mussten keine laufenden Markt- und Unternehmensanalysen vornehmen. Geringe Transaktionskosten fallen bei Indexfonds nur dann an, wenn der Index geändert wird, wenn z.B. die Commerzbank aus dem DAX herausfällt und Wirecard eintritt. Außerdem leisten die Kapitalanlagegesellschaften Lizenzgebühren an die Index-Rechteinhaber.
Die Varianten von Indexfonds, die nicht ausschließlich über die Kapitalanlagegesellschaft
emittiert werden, sondern über die Börse, werden als Exchange Traded Funds, also börsengehandelte (Index-) Fonds bezeichnet. 1989 wurde der erste ETF gelauncht. Inzwischen konkurrieren mehr als 200 Gesellschaften mit mehreren Tausend ETFs um die Gunst der Anleger.
Das Zielpublikum der ersten Indexfonds waren aber mitnichten kleine Privatinvestoren. Wie der Name des „Samsonite Pension Fund“ verrät, ging es um ein kostengünstiges Vehikel, das institutionellen Anlegern angeboten wurde. Gleiches gilt für ETFs, die sich zunächst auch auf „Institutionelle“ konzentrierten. Allmählich entdeckten private Kleinanleger dieses Instrument, das dank niedriger Kosten und breiter Streuung wie für sie gemacht schien. Bei vielen ETFs sorgen „Market Maker“ jederzeit für eine Handelbarkeit der Papiere, stellen also laufend Ankaufs- und Verkaufskurse, aus deren Differenz („Spread“) sie sich finanzieren. Ferner bilden ETFs Sondervermögen, das im Falle einer Insolvenz der emittierenden Gesellschaft nicht in die Insolvenzmasse einfließt.
Gängige Indices
Bei vielen Kleinanlegern ist eine „Home Bias“ zu beobachten. Damit ist eine Konzentration auf heimische Anlagewerte gemeint, also z.B. deutsche Aktien, Rentenpapiere oder Immobilien. Wenn Du als privater Kapitalanleger tatsächlich den renditefokussierten Teil Deines Vermögens breit streuen willst, empfehlen sich ETFs, die einem weltweiten Index folgen. Eine weltweite Ausrichtung vermeidet regionale Risiken. So performen z.B. europäische Titel seit einigen Jahren nicht sonderlich gut, dafür amerikanische Aktien umso besser. Mit einer „Home Bias“ verzichtest Du gegebenenfalls auf Rendite.
Je nach Umfang des Vermögens oder der regelmäßigen Sparrate kommen verschiedene Konstellationen in Frage. Bei kleineren Sparraten solltest Du die zwar relativ geringen, aber gesamtheitlich durchaus renditefressenden Ordergebühren bei Deinem Broker im Blick behalten. Wer z.B. monatlich nur 100 Euro in einen ETF Sparplan investieren kann, ist mit einem ETF z.B. auf den MSCI All-Country World (ACWI) gut aufgehoben. Dieser Index versammelt über 2.500 Aktientitel aus 47 Industrie- und Schwellenländern mit hoher Marktkapitalisierung. Alternativ bietet sich ein ETF Sparplan auf das Pendant FTSE All-World an. Beide Indices decken über 85 Prozent der weltweit investierbaren Märkte ab.
Weil dann die Ordergebühren zu vernachlässigen sind, kommen bei höheren Sparraten durchaus mehrere ETFs in Betracht. Mit ihnen lassen sich die Regionen anders gewichten als mit den genannten globalen Indices. Der MSCI World berücksichtigt 24 Industrieländer, der MSCI Emerging Markets 23 Schwellenländer. Mit dem (schon erwähnten) S&P 500 lassen sich US-Titel übergewichten, mit dem Euro Stoxx 50 die größten Unternehmen aus der Eurozone. Eine übliche Aufteilung investiert 70 Prozent der Sparrate in die Industrie- und 30 Prozent in die Schwellenländer.
Auswahlkriterien für Broker und ETFs
Eine Unzahl von Brokern tummelt sich am Markt, die zum Teil kostenlose Depots anbieten. Wenn Du nicht bloß Einmalanlagen vornehmen willst, sondern ETFs mit regelmäßigen Raten besparen willst, sollest Du auf die Kosten jeder Order bzw. Kaufausführung achten. Einige Broker locken mit unentgeltlicher Kaufausführung auf bestimmte ETFs. Sollte es sich nicht um ein kurzfristig gültiges Lockvogelangebot handeln, sondern dauerhaft bestehen, würde dies Deine Kosten auf längere Sicht deutlich begrenzen.
Bei der konkreten Auswahl von ETFs spielen noch andere Kriterien eine Rolle. Vorsicht ist geboten bei ETFs mit niedrigem Einlegerkapital. Wenn der Fonds weniger als 100 Millionen Euro schwer sein sollte, droht aus Kostengründen über kurz oder lang eine Liquidierung bzw. Zusammenlegung mit einem anderen Fonds.
Von zentraler Bedeutung ist die Gewinnverwendung. Liegt Dir an einer regelmäßigen Auszahlung von Dividenden, dürfte ein ausschüttenden ETF den Vorzug genießen. Wer indes langfristig Vermögen aufbauen will, fährt mit einem thesaurierenden Fonds besser, der die Ausschüttungen reinvestiert. Dadurch macht sich Deine Investition den Zinseszinseffekt besonders effektiv zunutze. Denn ein Thesaurierer verzinst nicht nur das Einlagekapital, sondern fügt den Gewinn hinzu und verzinst den höheren Betrag zusammen. Über viele Jahre praktiziert, übersteigt der Zinsgewinn bald das Einlagekapital. Außerdem fallen für die Wiederanlage des Gewinns keine Kaufgebühren an.
Mechanik der ETFs
ETFs können den zu Grunde liegenden Index mit verschiedenen Methoden nachbilden. Physisch replizierende ETFs halten die Wertpapiere exakt in der vom Index vorgegebenen Gewichtung. Manchmal sind sie kostenmäßig optimiert, indem kleinere Positionen nicht voll repliziert werden. Liegt die physische Aktienquote bei über 50 Prozent, profitieren diese ETFs seit der Investmentsteuerreform 2018 von einer Teilfreistellung von 30 Prozent auf Kursgewinne und Erträge.
Das gilt nicht zwangsläufig für „synthetisch replizierende“ oder „swappende“ ETF. Hierbei hält der ETF zumeist nicht die im Referenzindex vorgesehenen Titel, sondern zum Teil vollkommen andere Wertpapiere. Dafür bedient sich der ETF-Emittent eines Swap-Partners, in der Regel eines Finanzinstituts. Diese Methode folgt dem Motto: Wichtig ist, was hinten herauskommt, nämlich die Wertentwicklung des Index. Da der Swap-Partner insolvent gehen kann, also ein Kontrahentenrisiko besteht, sind Swap-Geschäfte häufig begrenzt. Kommt die von der Bundesregierung angekündigte Aktientransaktionssteuer, bleiben „Swapper“ womöglich verschont, weil sie als Derivat nicht Gegenstand des Gesetzes sein werden.
Einstiegszeitpunkt
Wer einen Einmalbetrag in ETFs anlegen möchte, hat durchaus Grund, über den Zeitpunkt seiner Investition nachzudenken. Wenn die Aktienbörsen punktuelle Höchststände erreichen, um danach wieder abzusinken, geht Rendite verloren, die nur über längere Distanzen wieder aufgeholt werden kann. Wenn Du hingegen Dein Geld mit gleich bleibenden Raten per ETF Sparplan anlegst, glättet Dein Investment das Auf und Ab der Börse und Du erhältst Deine Anteile insgesamt günstiger als beim punktuellen Kauf. Diese Wirkung nennt man Kostendurchschnittseffekt (cost average effect).